Behind the scenes: Das Molekularlabor am CeNakEin Interview und Film mit Laborleiter Dr. Oliver Hawlitschek
11. Mai 2021
Seit Anfang 2020 ist Oliver Hawlitschek Laborleiter am CeNak und für den Betrieb des Molekularlabors verantwortlich. Im Interview erzählt er, warum er diesen beruflichen Weg geht und was ihn wissenschaftlich über die Laborarbeit hinaus fasziniert. Im Film nimmt er uns mit auf eine Tour durch seinen Arbeitsbereich am CeNak und stellt seine Tätigkeiten vor.
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?
Ich habe zwei Schwerpunkte: Einerseits arbeite ich an der Artenabgrenzung von heimischen Heuschrecken und studiere ihre Evolution und Artenbildung. Das war früher eher mein Hobby, ist jetzt aber mein Hauptforschungsgebiet, weil es aus evolutionärer Sicht ein hochspannendes System ist, das zugleich direkt vor unserer Haustür zu beobachten ist. Gerade jetzt in diesem Moment findet auch auf den Hamburger Wiesen und Gebüschen ein Artenbildungsprozess statt, der uns dabei hilft zu verstehen, wie die Evolution genau funktioniert.
…und Ihr zweiter Bereich?
Das sind die Reptilien der Komoren – eine Inselgruppe im Indischen Ozean. Ich finde dieses Gebiet deshalb so spannend, weil diese vom Festland isolierten Inselgruppen als „Labore der Evolution“ gelten. Während es über Galapagos oder die Kanaren zahlreiche Bücher gibt, kamen die Komoren bislang in der Forscherwelt etwas zu kurz. Hier konnte ich neue Arten entdecken, beschreiben und herausfinden, wie diese Arten sowie deren Vorfahren überhaupt dort hingekommen sind. Derzeit engagiere ich mich hauptsächlich auf dem Gebiet der Artenschutz-Forschung.
Was hat Sie dazu bewogen ins Labor zu gehen?
Ich habe vorher schon im Labor gearbeitet, als ich an meiner Doktorarbeit geschrieben habe. Wir fanden zum Beispiel heraus, welche Tiere wie nah miteinander verwandt sind. Wir haben auch berechnet, wie alt gewisse Arten sind und wann sich eine Art in zwei aufgespalten hat. Gerade wenn es sich um Populationen auf Inseln handelt: Wie sind sie vom Festland aus dahin gelangt? Gab es eine Landbrücke oder haben sie das Meer überquert? Diese Vielfalt an Aufgaben und spannenden Forschungsrichtungen haben die Stelle des Laborleiters so attraktiv für mich gemacht. Gerade bei größeren Projekten, wie dem Zoll-Projekt, laufen die Fäden aller unterschiedlichen Teilbereiche bei mir zusammen.
Inwieweit beeinflusst der Lock-Down die Laborarbeit?
Erst ging gar nichts, dann konnten wir im Rahmen strenger Regeln doch zumindest eingeschränkt weiterarbeiten. Anfang des Jahres mussten wir erneut komplett schließen und nun haben wir eine sogenannte „Notfallregelung“ – das bedeutet, dass nur Leute, deren Projekte eine gewisse Dringlichkeit haben, etwa Studierende mit Masterarbeiten, das Labor betreten dürfen. Zudem sind die Lieferzeiten ein Problem: Die Pandemie führt dazu, dass Labormaterial oft nicht fristgerecht geliefert werden kann.
Welche Ziele würden Sie gerne umsetzen?
Insbesondere in Hinblick auf die Arbeit in einem zukünftigen Evolutioneum, wollen wir zwei übergeordnete Ziele erreichen: Zum einen den Fokus stärker auf die „Museum-DNA“ setzen. Das bedeutet, dass wir genetisch stärker unsere bestehenden Sammlungen untersuchen und neue Wege finden wollen, auch Jahrhunderte altes Genmaterial so vollständig wie möglich zu sequenzieren. Ein weiterer Bereich ist die Analyse von Material, das noch viel älter ist: Also die Untersuchung von viele tausend Jahre alten Knochen und Zähnen, die einen hochsterilen Laborraum erfordern. In Abstimmung mit unseren zukünftigen Kolleginnen und Kollegen aus dem ZFMK in Bonn, wären diese Teilbereiche für den Ausbau des Labors hoch interessant.
An welchen Publikationen arbeiten Sie noch zusätzlich?
Ich kann noch auf einige Daten zurückgreifen, die ich auf den Komoren sammeln konnte, und kann diese für kommende Studien weiterverarbeiten. Sobald es wieder möglich ist, möchte ich auch wieder dort hinfahren, um meine Forschung fortsetzen zu können. Jüngst konnte ich zudem eine auf Madagaskar neu entdeckte Schlangenart beschreiben. Auch dort sind noch, auf Basis der bereits gesammelten Daten, weitere Forschungsarbeiten geplant. In meinem zweiten Fachgebiet, den Heuschrecken, sequenzieren wir Sammlungsstücke aus dem CeNak und aus weiteren Museen, um deren Artzugehörigkeit und Verwandtschaftsverhältnisse zu klären und auch die Veränderung von Artengemeinschaften über die Zeit zu untersuchen.
Kontakt
Dr. Oliver Hawlitschek
Leiter des Molekularlabors
Universität Hamburg
Centrum für Naturkunde
Martin-Luther-King-Platz 3
20146 Hamburg
Tel.: +49 40 42838-9772
E-Mail: Oliver.Hawlitschek"AT"uni-hamburg.de