Crustacea
Die Evolution der Krebse (Crustacea) zu rekonstruieren steht im Mittelpunkt der Forschung in der Abteilung Wirbellose Tiere II. Die Einführung molekular genetischer Methoden in der modernen Diversitätsforschung und Systematik hat gezeigt, dass ein bedeutender Anteil der Diversität der Krebse noch unbekannt ist und dass die Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb und zwischen den Taxa bisher nicht überzeugend aufgelöst sind. So groß die Fortschritte auf diesen Gebieten in den letzten Jahren waren, so haben sie doch vor allem den enormen Forschungsbedarf verdeutlicht. Dies spiegelt sich auch in unseren Forschungsprojekten wider. Diese reichen von einer modernen integrativen Taxonomie, die im Sinne einer Evolutionssystematik (sensu Glaubrecht 2010) klassische Taxonomie mit molekular genetischer Systematik, Phylogeographie und Populationsgenetik kombiniert, hin zu großangelegten Untersuchungen der Phylogenie und der genomischen Evolution. Die erhaltenen Verwandtschaftsbeziehungen dienen als Grundlage um Rückschlüsse auf historische biogeographische Prozesse (z.B. Drift oder Vikarianz) ziehen zu können und taxon-spezifische genomische Veränderungen (z.B. Genduplikationen, Evolution neuer Gene) zu erkennen. Ein besonderes Anliegen ist es die sehr umfangreiche historische Crustacea Sammlung des LIB in die moderne Forschung mit einzubeziehen und so den eigentlichen Wert dieser Sammlung voll auszunutzen.
Im Mittelpunkt der Forschung steht ein breites Spektrum modernster molekular genetischer Untersuchungen mittels Next Generation Sequencing (NGS), je nach Fragestellung Transkriptomsequenzierung, Target Enrichment und ddRADseq. Diese Methoden erlauben einen tiefen Einblick in die Evolution der Krebse durch die gleichzeitige Untersuchung hunderter oder tausender Marker. Diese Methoden werden komplementiert durch die Sequenzierung einzelner Gene (Sanger Sequenzierung) und klassische morphologische Untersuchungen. Letztere bilden weiterhin eine elementare Säule moderner Taxonomie und der Wert detaillierter morphologischer Untersuchungen darf auch in Zeiten kostengünstiger molekular genetischer Methoden nicht unterschätzt werden.