Forschungsprojekt
Das Forschungsprojekt Ralum (1896-1897) und sein Ertrag für das Museum für Naturkunde
Dieses Projekt unternimmt den Versuch einer Kontextualisierung zoologischen Forschungsmaterials am Beispiel der Sammlung Friedrich Dahls im Museum für Naturkunde Berlin. Die Bearbeitung zahlreicher Archivquellen, vor allem die einer Akte der Historischen Bild- und Schriftgutsammlung Berlins, ermöglicht die Dokumentation der umfangreichen Sammeltätigkeit Dahls 1896-1897 im Bismarck-Archipel, zu jener Zeit eine deutsche Südseekolonie.
Weiter zeugt sie von der außergewöhnlichen Geschichte der Forschungsstation Ralum. Das Projekt dieser Einrichtung wurde vom Zoologen Anton Dohrn initiiert, der diese Einrichtung, ganz nach dem Vorbild seiner bis heute berühmten Stazione Zoologica in Neapel, als dauerhafte Anlaufstelle für Wissenschaftler aus aller Welt etablieren wollte. Dohrn hatte in Ralum durch intensive Vorbereitung äußerst günstige Voraussetzungen geschaffen, um dies umzusetzen, was schließlich auch einen Schritt für die Verwirklichung seiner Vision von einem weltweiten Netzwerk zoologischer Stationen bedeutet hätte. Friedrich Dahl wurde auf Fürsprache seines Lehrers Karl August Möbius, zu dieser Zeit Direktor des Naturkundemuseums, als erster Forscher für Ralum ausgewählt. Die Zusammenarbeit mit Möbius bedeutete für Dohrn schließlich das Scheitern seines Projektes. Möbius beanspruchte mit Unterstützung der geldgebenden Institutionen des deutschen Reiches das gesamte Material für das Museum, sodass Dohrn keines der Objekte zur Verfügung gestellt wurde. Dahl blieb der einzige Forscher, der je in Ralum arbeitete.
Dohrn und Möbius vertraten sehr verschiedene Auffassungen hinsichtlich der Anlage musealer Sammlungen, im Gegensatz zu Dohrn war es Möbius ein großes Anliegen, die Sammlung des Naturkundemuseums zu vervollständigen. Daher sammelte Dahl sämtliches für ihn zugängliches Material, das er bei seinen Exkursionen beobachtete und fangen konnte, wovon alle zoologischen Abteilungen des Berliner Museums und das Botanische Museum Berlin profitierten. Noch heute müsste sich demnach in allen Kustodien Material befinden. Anhand von vier Abteilungen wurde dies in dieser Arbeit näher untersucht: in allen konnten Objekte aus Ralum gefunden werden. Zudem zeigte sich deutlich die unterschiedliche Bearbeitung und Beachtung, die das Material nach Ankunft im Museum gefunden hatte. Das Material der Molluskensammlung, der von den untersuchten Abteilungen offenbar am wenigsten Aufmerksamkeit geschenkt worden war, war zu einem großen Teil nicht einmal inventarisiert und bestimmt worden, während in den anderen ausführliche Veröffentlichungen über die Dahlsche Sammlung gemacht wurden. Die versäumte Bestimmungsarbeit und Katalogisierung des malakologischen Materials wurde im Rahmen dieser Arbeit nachgeholt. Durch die Kombination von Archivarbeit und Recherche in zoologischen Abteilungen des Museums für Naturkunde dokumentiert die vorliegende Arbeit exemplarisch den Prozess von Anlage, Aufarbeitung und Nutzung naturwissenschaftlicher Sammlungen vor einem wissenschafthistorischen Hintergrund.
Im Projekt beschäftigt
- Elisa Schmitt
- Matthias Glaubrecht
Entstandene Veröffentlichungen
Schmitt, E.M. & Glaubrecht, M. 2013. “Give me a museum and I will fill it”. The first German Tropical Research Station at Ralum, Bismarck Archipelago, 1896-1897, in context of collecting for the Museum of Natural History Berlin. Zoosystematics and Evolution 89 (2): 337-364.
Schmitt, E. & Glaubrecht, M. 2012. Revisting the Ralum Collection. Molluscs collected by Friedrich Dahl for the Museum of Natural History Berlin. Zoosystematics and Evolution, 88 (1): 79-95.
Schmitt E. & Glaubrecht M. 2010. How to become museum director: lessons from the decisive years 1882 to 1887 and Karl August Möbius' appointment at the Zoological Museum in Berlin. Zoosystematics and Evolution,
86 (2): 165–184.