Analyse der Veränderungen von Insektengemeinschaften in Gewässern Hamburgs
Die wissenschaftlichen Sammlungen des Zoologischen Museums blicken auf eine über 120 jährige Tradition zurück und können zur Aufklärung früherer Besiedlungsmuster und damit verbundener struktureller Gegebenheiten in Hamburgs Gewässern einen gewichtigen Beitrag leisten. Es waren in erster Linie verdiente Hamburger Bürger wie der Volksschullehrer Dr. Georg Ulmer (1877‒1963), die mit ihrem beispiellosen Engagement die wissenschaftlichen Sammlungen als Archive der historischen Besiedlung Hamburgs begründeten. So rekonstruieren derzeit Wissenschaftler des CeNak historische Besiedlungsmuster prominenter Hamburger Gewässer wie Elbe (Süderelbe), Isebek, Tarpenbek und dem Eppendorfer Moor. Als Indikatororganismen werden verschiedene wirbellose Tiergruppen wie Insekten (u.a. Köcherfliegen, Libellen) und Süßwassermollusken herangezogen. Weiterhin erfolgt eine intensive Auswertung historischer Dokumente aus den wissenschaftlichen Archiven des CeNak.
Hamburg verdankt als Stadt am Wasser wie kaum eine andere deutsche Metropole ihren wirtschaftlichen und kulturellen Erfolg maßgeblich seinen zahlreichen Wasserläufen. Neben ihrer herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung stellen Gewässer Erholungsräume für die urbane Bevölkerung dar und dienen zahlreichen Tier- und Pflanzenarten als Lebensgrundlage. In einem Forschungsprojekt untersuchen Zoologen anhand historischer Belegtiere, wie sich menschliche Eingriffe in den einzigartigen Stoffhaushalt ausgewählter Stadtgewässer und die mit ihnen verflochtene Lebensgemeinschaft in den letzten 120 Jahren ausgewirkt haben.
Jedes Gewässerökosystem zeichnet sich durch eine spezifische, an die jeweiligen ökologischen Gegebenheiten perfekt angepasste Lebensgemeinschaft aus. Auf Änderungen der Lebensraumfaktoren, wie Nährstoffeintrag, Abwasser- und Pestizidbelastung, Uferausbau, Regulierung des Abflussregimes etc. reagieren die dort lebenden Pflanzen- und Tierarten äußerst sensibel. So sind gerade in urbanen Bereichen die Gewässerläufe seit Beginn des 20. Jahrhunderts massiven anthropogenen Veränderungen unterworfen worden. Heute steigt jedoch allgemein das Bewusstsein um die integrative Funktion intakter Wasserläufe als Rückzugs- und Erholungsraum für die städtische Bevölkerung.Als Folge werden einzelne, stark anthropogen überformte Gewässer renaturiert. Bei diesen Maßnahmen hat sich jedoch wiederholt gezeigt, dass eine Rekonstruktion des strukturellen und insbesondere des biozönotischen Ausgangszustandes oft aufgrund einer fehlenden Datengrundlage nicht bzw. nur bedingt möglich ist, was zielgerichtete Renaturierungsmaßnahmen und eine Erfolgsevaluierung maßgeblich erschwert. Die umfangreichen regionalfaunistischen Sammlungen des CeNak stellen eine hervorragende wissenschaftliche Ressource dar, um diese Defizite auszugleichen.
Für das Eppendorfer Moor konnte so bereits eine herausragende Stellung als einzigartiges und artenreiches innerstädtisches Niedermoor herausgestellt werden. Das Projekt leistet somit einen grundlegenden Beitrag zum Erhalt und zur Aufwertung intakter, lebensfreundlicher Gewässer im Herzen Hamburgs.
Ansprechpartner: Martin Kubiak