Neue gebietsfremde Schneckenart in Nordamerika entdecktEinschleppung mit Hilfe der Smartphone-App iNaturalist nachgewiesen
22. Juni 2021
Ursprünglich stammt sie aus Ost-Europa, ist aber nach Amerika eingeschleppt worden: Die Gerippte Bänderschnecke wurde von Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in den USA sowie Kanada entdeckt und auf der Smartphone-App „iNaturalist“ gemeldet. Ein User kontaktierte Prof. Dr. Bernhard Hausdorf, Abteilungsleiter der CeNak-Malakologie, der anschließend die Art morphologisch bestätigen und deren Herkunft genetisch eingrenzen konnte. Die Ergebnisse sind nun in einer Studie veröffentlicht worden.
Auf der App „iNaturalist“ können Userinnen und User Artenfunde in der Natur fotografisch festhalten, den genauen Fundort taggen und Arteninformationen eintragen. Durch die Zuschrift eines Users wurde CeNak-Malakologe Bernhard Hausdorf auf einen besonderen Fund aufmerksam gemacht: Die Gerippte Bänderschnecke Caucasotachea vindobonensis sei im US-amerikanischen Bundesstaat New York gefunden worden. Eine darauf basierende Studie, die nur durch die Unterstützung von Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern möglich wurde, ist nun veröffentlicht worden. Die Bürgerwissenschaftlerin Laura J. Shappell und Matt Parr, die maßgeblich an der Entdeckung und Erkennung der Art beteiligt waren, sind Co-Autorin der Studie.
In Bundesstaat New York und im benachbarten kanadischen Québec wurden dann noch weitere App-Einträge gefunden, die Nachweise der Schnecke dokumentierten. Hausdorf stellte anhand der Gehäuseskulptur und Färbung der Tiere fest, dass es sich wirklich um die Gerippte Bänderschnecke handelte: „Sie hat ein charakteristisch geripptes Gehäuse und eine hellbraun gefärbte Lippe. An diesen Merkmalen kann die Art morphologisch von ihren nahen Verwandten unterschieden werden“, erklärt er.
Um genetische Untersuchungen vornehmen zu können, bekam er Proben von David G. Robinson, einem Schneckenforscher des Landwirtschaftsministeriums der USA. Die molekulare Analyse ergab, dass sich die untersuchten Individuen aus New York in dem untersuchten Genabschnitt lediglich in einer Mutation von einer Linie der Art aus der Ukraine unterscheiden. Dennoch sei es unklar, ob die Reise der Gerippten Bänderschnecke hier ihren Ursprung nahm: „Da sich die Individuen auch nur in zwei Mutationen von einer Linie mit viel weiterem Verbreitungsgebiet in Ost-Europa unterscheidet, können wir nicht zu 100 Prozent sicher sein“, fasst Hausdorf zusammen.
Überraschend ist für die Forschenden auch das Verbreitungsgebiet so weit nördlich in Nordamerika. Eigentlich ist es den Schnecken hier zu kalt. „Da sie allerdings in der Nähe von fließenden Gewässern und Seen wie dem Hudson River siedeln, könnten sie sich innerhalb dieses milderen Mikroklimas gut vermehren“, schätzt Hausdorf. Die Forschenden haben auf der Basis von Klima- sowie Verbreitungsdaten in Europa die mögliche Verbreitung der Art in Nordamerika berechnet. Sie konnten zeigen, dass sich die Schnecke potenziell über ein riesiges Gebiet ausbreiten könnte.
Da die Gerippte Bänderschnecke am liebsten verwesende Pflanzenteile frisst, geht von ihr wohl keine Gefahr für die regionale Landwirtschaft aus. Sie tritt jedoch auch in großen Populationen auf und könnte dadurch einen schädlichen Einfluss auf die Ökosysteme haben. Ob sie auch einen schädlichen Einfluss auf die heimischen Arten hat, können die Forschenden bislang noch nicht einschätzen.
Kontakt
Prof. Dr. Bernhard Hausdorf
Abteilungsleiter Malakologie
Tel.: +49 40 42838-2284
E-Mail: Hausdorf"AT"zoologie.uni-hamburg.de