Forschung
Denn nicht alles, was aussieht wie ein Wurm gehört auch in diese Gruppe bzw. verbergen viele Tiere auch ihre Ringelwurm-Merkmale hinter andersweitig stark abgewandeltem Äußeren. Ein Beispiel für letzteres sind zum Beispiel die Eingliederung der Spritz- und Igelwürmer (ehemals Sipuncula und Echiuria) in die Annelida aufgrund der Ausformung der Organsysteme und ihrer Entwicklung. Nach unserem heutigen Verständnis sind die artenreichere und diversere Gruppe der „Polychaeta“ (Meeresborstenwürmer) nicht monophyletisch (auf eine „Stammart“ zurückgehend und in sich geschlossen) als Schwestergruppe zu Clitellata (Gürtelwürmern, also Oligochaeta (Wenigborstenwürmer) und Hirudinea (Egel)) zu sehen – „Polychaeta“ sind vielmehr paraphyletisch, und die monophyletischen Clitellata entwickelten sich innerhalb der Gruppe der Sedentaria (Abbildung 1). Seltsam aussehende Spritz- und Igelwürmer (Sipuncula und Echiura) gehören ebenso wie Pogonophora ebenfalls zu den Ringelwürmern, haben aber aufgrund ihrer Lebensweise bzw. ihres Habitats ihr „Polychaeten-Aussehen“ zu einem gewissen Grad verloren. Diese Neuordnungen (viele von ihnen erst innerhalb der letzten Jahre) zeigt uns vor allem zwei Wissenslücken auf:
- Die Evolution der Anneliden und damit die Ausbildung der verschiedenen Baupläne, Entwicklungsgänge und Lebensweisen als Anpassung an die verschiedenen Lebensräume ist nach wie vor zu großen Teilen unbekannt. Dies zeigt sich auch bei der Aufklärung der Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Gruppe– während einige Zweige des Wurmbaumes ziemlich robust sind (das heißt in vielen (molekularen und morphologischen) Analysen gefunden werden), ist die Beziehung von zum Beispiel der Familie der mikroskopischen Dinophilidae zu anderen Ringelwürmern nach wie vor unklar, da verschiedene Analysen zu verschiedenen Ergebnissen kommen.
- Durch die extreme Anpassungsfähigkeit der Tiergruppe bzw. die regelmäßige Beschreibung neuer Arten wissen wir von der Mannigfaltigkeit dieser Gruppe, jedoch zeigt dies ebenso auf, dass noch mehrere Tausend Arten auf ihre Entdeckung bzw. Beschreibung warten. Modellierungen basierend auf bisherigen Daten erwarten bis zu 5000 neuen Arten bis zum Jahr 2100, deren Entdeckung zum Einen auf eine Stärkung der taxonomischen Forschung, zum Anderen auf die Erkundung neuer, extremer Lebensräume wie Tiefsee, Höhlen und Interstitium (Zwischenraum zwischen Sedimentkörnern) zurückzuführen ist.