Schatz des Monats: Geißelspinne & Geißelskorpion
28. Juli 2020
Foto: UHH/CeNak, Harms
Sie stehen exemplarisch sowohl für die Anfänge als auch die Gegenwart der Sammlungen: Unsere Schätze des Monats stammen diesmal aus der Spinnentier-Abteilung des CeNak. Während der Geißelskorpion Thelyphonus klugii Anfang des 20. Jahrhunderts präpariert wurde, hat Danilo Harms, Abteilungsleiter der Arachnologie am CeNak, die Geißelspinne Charinus kakum vor etwa zwei Jahren selbst gefangen, beschrieben und in die Sammlung integriert. Unsere Schätze sind Zeitzeugen zweier unterschiedlicher Zeitalter des naturkundlichen Kuratierens.
Wir schreiben das Jahr 1889: Biologe Karl Kraepelin übernimmt als neuer Direktor die Leitung des Naturhistorischen Museums in Hamburg und zieht zwei Jahre später in den neuen Prachtbau am Steintorwall – dort wo heute eine bekannte Elektromarktkette steht. Er gilt als Spezialist für Skorpione und andere Spinnentiere, der in seiner Schaffenszeit Lehrbücher sowie Monographien verfasst, die über seinen Tod hinaus in Forschung wie Lehre hohe Relevanz genießen. Noch heute – über 130 Jahre später – finden sich in den Sammlungen am CeNak Präparate aus jener Zeit, die für Hamburg den Aufbruch in ein neues Naturkunde-Zeitalter markierten. Eines von ihnen ist der Geißelskorpion Thelyphonus klugii, den Kreapelin 1897 beschrieb und der ausschließlich in Indonesien zu finden ist.
Im Gegensatz zu „richtigen“ Skorpionen, besitzt er weder Stachel noch Schwanz – dafür eine dünne Geißel, mit der er ein Gemisch aus Essig- und Caprylsäure versprühen kann. Bis zu 80 Zentimeter weit kann die Flüssigkeit fliegen, bevor sie den Opfern die Augen verätzt. Auch wenn die Beschreibung der Arten zur Jahrhundertwende nicht mehr ganz den modernen Standards entspricht, zollt Danilo Harms seinem Vorgänger hohen Respekt: „Er baute das damals neue Museum auf, legte den Grundstein unter anderem für die arachnologische Sammlung und verfasste eine Vielzahl an relevanten Publikationen – und das ohne Internet oder Computer.“ Dank der hohen Qualität seiner Arbeit, können die Forschenden am CeNak auch heute noch mit den Ergebnissen Kraepelins arbeiten.
Wie der Geißelskorpion, gehört auch die Geißelspinne zu den ursprünglichen Spinnentieren mit einem gegliederten Hinterleib. In Ghana entdeckte Danilo Harms vor zwei Jahren – eigentlich auf der Suche nach Kapuzenspinnen – unvermittelt unter einem unscheinbaren Stein die neue Art Charinus kakum. Nur etwa 1,5 Zentimeter groß, handelt es sich um eine eher kleine Geißelspinnenart, die er nach dem Fundort Kakum National Park benannte. Das erste Beinpaar ist zu den namensgebenden Geißeln ausgebildet, die sehr lang sind und als Fühlorgane funktionieren. In der Nacht lauern diese Tiere zum Beispiel auf einer Baumrinde und warten mit ausgestreckten Geißeln auf ihre Beute. Sobald sie diese erfühlen, richten sie sich passend aus und schnappen mit ihren Raubbeinen zu.
Das Anfertigen einer Artenbeschreibung ist heutzutage – wie damals – recht komplex und bietet den Biowissenschaften eine Grundlage. „Wir folgen dabei einem Protokoll und arbeiten uns Schritt für Schritt voran.“, sagt Danilo Harms. Von Handzeichnungen über Fotografien bis hin zur Rasterelektronenmikroskopie – der Dokumentationsprozess ist mit den Jahren immer methodenreicher sowie aufwändiger geworden.
„Während frühere Forscherinnen und Forscher versucht haben, möglichst viele Arten in möglichst kurzer Zeit zu beschreiben, legen wir heutzutage eher einen Fokus auf die Vollständigkeit der Dokumentation.“, so Harms weiter. Die Vernetzung der digitalisierten Daten hat höchste Priorität, um sie auch den Kolleginnen und Kollegen weltweit zur Verfügung zu stellen. Die so entstehenden Datenbanken führen zu einem genaueren Bild der Biodiversität. In FundUs! – einem Sammlungsportal der Universität Hamburg – haben auch Biologie-Interessierte, die keinen Zugang zu den wissenschaftlichen Datenbanken haben, die Möglichkeit einen Einblick in die Sammlung der Arachnologie bekommen.
Kontakt
Dr. Danilo Harms
Abteilungsleiter Arachnologie
Centrum für Naturkunde
Universität Hamburg
Tel.: +49 40 42 838-5983
E-Mail: Danilo.Harms@uni-hamburg.de