Schatz des Monats: Der Wattwurm
12. Juni 2020
Der Wattwurm tummelt sich im Boden des Jahres 2020 und ist unser Schatz des Monats im Juni. 14 Arten der Familie der Sandwürmer, zu denen die Wattwürmer gehören, werden in alkoholischer Lösung in Gläsern in unserer Sammlung aufbewahrt - auch der in Deutschland vorkommende Arenicola marina (Bild 4). Als Baumeister des Wattbodens schichtet ein einzelner Wurm jährlich etwa 25 Kilogramm Sand um.
Wer an der Nordsee wandert oder in der Ostsee taucht, findet meist unweigerlich kleine Sandhäufchen – Hinterlassenschaften der 30 bis 40 Zentimeter langen Wattwürmer. Sie beweisen: Unser Schatz des Monats sorgt dafür, dass der Wattboden ein lebendiger Lebensraum bleibt. Ohne sein gefräßiges Dasein wäre das Watt durch Überdüngung und Sauerstoffarmut geprägt. Allein in der Nordsee leben durchschnittlich 40 Exemplare pro Quadratmeter. Sein unermüdlicher Einsatz reichert nicht nur den Boden mit Sauerstoff an, sondern baut zugleich auch abgestorbenes Pflanzenmaterial ab. Im Kollektiv fressen sie den gesamten Sand des Nordseewatts, bis zu 20 Zentimeter tief, und scheiden ihn anschließend wieder aus. Das entspricht einer Fläche von insgesamt rund 9.000 Quadratkilometern – ungefähr so groß wie die Insel Zypern.
Wattwürmer leben in einer Röhre, die wie ein U geformt ist. Die Wände sind mit Schleim verkleidet, damit ihre Wohnung nicht zusammenbricht. Darin liegen sie meist waagerecht und sorgen mit winzigen, wellenartigen Bewegungen dafür, dass stetig Wasser durch ihr Zuhause fließt. Der Sand filtert währenddessen Nährstoffe – also Bakterien, Pflanzenreste oder Algen – aus dem Wasser. Mithilfe seiner Kiemenbüschel kann der Wattwurm zugleich Sauerstoff aufnehmen. Mit dem Kopf am senkrechten Gang der Wohnröhre, vertilgt er den Sand, der anschließend nach unten rieselt. So entstehen Löcher an der Oberfläche, die Wattwanderer als Fresstrichter kennen.
Nach etwa 45 Minuten Sandschmaus, muss der Wurm dann den Rückwärtsgang einlegen: Mit dem Schwanz voran, kriecht er das Ausscheiderohr seiner Behausung hinauf und hinterlässt, an der Oberfläche angekommen, die bekannten Spaghetti-Häufchen. Beim Sandschnurabdrücken setzt unser Schatz des Monats meist sein Leben aufs Spiel: Vögel lauern auf die fette Beute, die sich unter dem Wattwurmmisthaufen verbirgt. Sie picken los, sobald sich neue Sandhäufchen im Watt bilden. Wird der Wurm erwischt, kann er bis zu zwei Zentimeter seines Körpers abstoßen und sich schnell wieder in seiner Röhre verkriechen.
In der CeNak-Sammlung haben wir sowohl Wattwurm-Präparate als auch Lackfilme, die seine Wohnung exakt abbilden. In der Annelida (Ringelwurm)-Sammlung finden sich mehr als 200 Exemplare von in Summe 14 Arten der Familie der Sandwürmer, zu denen die Wattwürmer gehören, die in alkoholischer Lösung in Gläsern aufbewahrt werden. Unsere Präparate stammen vornehmlich aus dem Watt um Helgoland sowie weiterer deutscher Inseln und sind bis zu 128 Jahre alt. Über 600 Lackfilme lagern in unserer Mineralogie, die vor allem in der Lehre oder als Referenz in der Forschung zum Einsatz kommen. Sie bilden ein genaues Bodenprofil ab und können deren Zusammensetzung für die Nachwelt festhalten.
Weitere Informationen
Sonderausstellung "Watt erleben - Wattboden verstehen" (Bis 2. August verlängert!)
Forschungsabteilung Annelida