Stark bedroht und schützenswert
16. Dezember 2019
Foto: UHH/CeNak, Stau
Die zwei Austernarten im Vergleich, rechts die Europäische Auster (Amrum) und links die Pazifische (Frankreich).
Sie waren einst weit verbreitet, heute kennen wir nur noch ihre Artgenossen. Die Europäische Auster, Ostrea edulis, gilt seit Mitte des 20. Jahrhunderts in Deutschland und Belgien als ausgestorben. Um den Bedarf an Austern trotz gebietsweiser Ausrottung noch decken zu können, wurde schließlich die Pazifische Auster, Crassostrea gigas, eingeführt. Diese größere Art konnte sich stark verbreiten. Lebend kennen wir aus der Nordsee also nur die Pazifische Auster, die Schalen von unserem Schatz des Monats lassen sich jedoch auch heute noch entdecken.
Stark bedroht
Schon seit der Stein- und Eisenzeit gelten Austern als Delikatesse. Durch intensive Ernte und Jahrhunderte andauernden Fischereidruck konnten sich die Populationen nicht schnell genug erholen und der Bestand an Europäischen Austern nahm zunehmend ab. Das Verbreitungsgebiet der Europäischen Austern reicht heute noch im Atlantik von Norwegen bis Portugal und ins Mittelmeer. In der malakologischen Sammlung des CeNaks gibt es einige kleine, große oder gar bewachsene Exemplare beider Austernarten zu bestaunen.
Wichtig fürs Watt
Die Europäische Auster spielt, wie auch viele andere Muschelarten, eine wichtige Rolle im Ökosystem Wattenmeer. Durch ihre hohe Filtrationsleistung haben die Schalentiere eine enorme Reinigungsfunktion für die Gewässer und tragen als Muschelbänke sedimentstabilisierend einen großen Teil zum Küstenschutz bei. Auster-Riffe bilden nicht nur Nahrungs-, Schutz- und Laichgebiet, sondern sind darüber hinaus Lebensraum für andere Arten. Es gibt bereits einige Projekte, die daran arbeiten herauszufinden, ob eine Wiederansiedlung der Europäischen Auster, beispielsweise bei Helgoland und den Niederlanden, möglich wäre.
Zwei asymmetrische Hälften
Europäische Austern bestehen aus einer linken, unteren Schale, die leicht gewölbt ist, und einer rechten, oberen Schale, die die Auster wie ein Deckel verschließt. Ausgewachsen können Europäische Austern etwa 15 cm groß und bis zu 30 Jahre alt werden. Schalen der Austern, die man heute findet, sind häufig sehr viel älter. Sie ernähren sich, wie alle Muscheln, von Planktonorganismen, die sie aus dem Meerwasser filtrieren. Saugt eine Auster dabei ein Sandkorn auf und kann dieses nicht mehr aus der Schale entfernen, umgibt sie das Korn mit einer Hülle aus Perlmutt und eine Perle entsteht.
Fortpflanzung
Europäische Austern sind zwittrig. Sie können innerhalb eines Lebenszyklus und in Abhängigkeit von der Wassertemperatur mehrmals ihr Geschlecht wechseln. Nach der Befruchtung sind die kleinen Auster-Larven zunächst einige Tage in der Mantelhöhle der Mutterauster und werden dann ins freie Wasser entlassen. Die Larven der Austern schwimmen einige Tage im Meer und siedeln sich, anders als andere Muscheln nicht eingegraben im Sand, sondern auf kalkhaltigen Hartstrukturen an, indem sie einen kleinen Zementklecks auf den Untergrund geben und sich dann mit der linken, unteren Schale hinein fallen lassen. Sie gelten als sessile Organismen, haben sie sich einmal niedergelassen, bleiben sie dort ihr Leben lang haften. Im Watt kann man sie an Pfählen oder an anderen Muscheln finden.