Schatz des Monats Dezember: Ein Tiefsee-Flohkrebs
4. Dezember 2018
Foto: UHH/CeNak, Anne-Nina Lörz
Das ist er: Der Flohkrebs Rhachotropis saskia, von Anne-Nina Lörz nach ihrer Kollegin Saskia Brix vom Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung benannt.
Er lebt in einer Meerestiefe von über 8.000 Metern. In eisiger Kälte, totaler Finsternis, unter enormem Wasserdruck und bei wenig Nahrungsangebot stakst der Flohkrebs Rhachotropis saskia mit seinen langen, dünnen Beinen über das Sediment – wenn er nicht schwimmt. Rhachotropis saskia ist einer der wenigen beschriebenen Amphipoda (Flohkrebse)des Kurilen-Kamtschatka-Graben im nordwestlichen Pazifik und unser Schatz des Monats Dezember. Die allermeisten Flohkrebse im Hadal (Meerestiefe unterhalb von 6.000 Metern) sind Aasfresser. Rhachotropis saskia hingegen ist ein aktiver Jäger.
Lange lebte Rhachotropis saskia genau wie seine Verwandten tief im Verborgenen. Zwar führten etliche Expeditionen seit den 50erJahren in den Kurilen-Kamtschatka-Graben, doch war eine Tiefe von 8.000 Metern, also Himalaya-Niveau, für die Forscherinnen und Forscher damals unerreichbar. Mit ausgeklügelter Technik arbeiteten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den vergangenen Jahren jedoch auf vier internationalen Expeditionen, darunter KuramBio I and II mit dem Forschungsschiff Sonne, in diese Tiefe vor. Rhachotropis saskia ist die achte Flohkrebsart, die beschrieben wurde. CeNak-Wissenschaftlerin Anne-Nina Lörz benannte sie jüngst nach ihrer Kollegin Saskia Brix vom Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung (DZMB).
In molekularen und mikroskopischen Analysen fand Anne-Nina Lörz viel über den markanten Tiefsee-Flohkrebs heraus. Die meisten Vertreter dieser Art sind über zwei Zentimeter lang, was ziemlich groß für einen Flohkrebs ist. Anders als die meisten aas- und sedimentfressenden Amphipoda geht „ihr“ augenloser Flohkrebs auf Jagd. Das fand die Forscherin bei der Untersuchung einiger Tiere heraus, die mit Beute in Mund und Klauen gefangen wurden – man hatte sie offenbar gerade bei ihrer Mahlzeit gestört.
Rhachotropis saskia wurde sowohl in Tiefen von 8.200 Metern des Kurilen-Kamtschatka-Grabens gefunden, als auch im Abyssal (Meerestiefe von 5000 Metern) nördlich und südlich des Grabens. D.h., dass diese Art ein enormes vertikales Verbreitungsspektrum von mehr als 3.000 Metern hat. „Für uns ist damit belegt, dass der Kurilen-Kamtschatka-Graben keine Barriere für die Verbreitung der Tiere darstellt“, so Anne-Nina Lörz im Fachjournal PeerJ [https://peerj.com/articles/4887/].
Die CeNak-Wissenschaftlerin forscht derzeit im Rahmen des von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) finanzierten Amphipoda-Projekts des internationalen IceAGE Programs (Icelandic Animals Genetik & Evolution) weiter an Amphipoda – allerdings an solchen, die rings um Island in der Tiefsee leben:
https://www.cenak.uni-hamburg.de/forschung/abteilungen/wirbellose2/aktuelles/2018-10-15-news.html.
Mehr zur Tiefseeforschung der Abteilung Wirbellose Tiere II im CeNak gibt es hier zu lesen.