Schatz des Monats September: Eiszeit-Bär mit lebendigem Erbgut
3. September 2018
Foto: UHH/CeNak
Der Name täuscht: Höhlenbären lebten nicht vorrangig in Höhlen.
Die Knochen und Zähne, die im Jahre 1771 in einer Höhle der Fränkischen Schweiz gefunden wurden, ordnete der Naturforscher und Theologe Johann Friedrich Esper zunächst noch Eisbären zu. Die Sintflut habe die Fragmente in die Höhle geschwemmt. Erst rund 20 Jahre später wurde klar, dass es sich um eine größere, andere Bärenart handeln musste: Der Höhlenbär (Ursus spelaeus) war nicht nur deutlich größer als heutige Bären, sondern hatte auch andere Ernährungsvorlieben. Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass die Höhlenbären überlebt haben - zumindest genetisch. Der Höhlenbär im Geologisch-Paläontologischen Museum ist unser Schatz des Monats.
Sie heißen Bärenhöhle oder Bärenloch: In vielen Karsthöhlen, etwa auf der Schwäbischen Alb oder in der Steiermark, wurden massenhaft Knochen und Zähne der vor rund 27.000 Jahren ausgestorbenen Höhlenbären gefunden. Aber schon der Name täuscht. Die Eiszeitbären waren keine wirklichen Höhlenbewohner. Die Tiere zogen sich lediglich zum Winterschlaf in die schützenden Höhlen zurück.
Ursus spelaeus, so lautet der wissenschaftliche Name, war ein Riese. Aufrecht waren die Tiere bis zu 3,5 Meter groß, sie erreichten eine Schulterhöhe von rund 1,7 Metern. Die Art war in ganz Europa, von Nordspanien bis zum Ural verbreitet. Der Hamburger Höhlenbär im Geologisch-Paläontologischen Museum stammt aus der Drachenhöhle bei Mixnitz in der Steiermark. Dort wurden Knochen von rund 3.000 Individuen freigelegt, deren Alter auf 30.000–40.000 Jahre bestimmt wurde. Die Expertinnen und Experten des Centrums für Naturkunde benutzen das Skelett als Fallbeispiel für die Berechnung von Gewichten ausgestorbener Tiere.
Inwiefern die Riesenbären mit eiszeitlichen Jägern und Sammlern zu tun hatten, ist nicht vollständig geklärt. Insbesondere die Bejagung durch prähistorische Menschen ist noch weitgehend unklar. Die Bären selbst ernährten sich offenbar rein pflanzlich. Darauf weisen ihre großflächigen Zähne und der Gehalt von Stickstoffverbindungen in den Knochen hin.
Ihr Speiseplan könnte den Tieren zum Verhängnis geworden sein, vermuten Forscher. Denn mit dem Abkühlen des Klimas innerhalb des Eiszeitalters wandelte sich die Pflanzenwelt und damit die Nahrungsgrundlage der Bären. Jüngste Forschungen zeigen jedoch, dass der Höhlenbär nicht ganz ausgestorben ist: In der DNA heutiger Braunbären findet sich Erbgut der eiszeitlichen Tierart. Wissenschaftler vermuten, dass sich die Bärenarten miteinander gepaart haben. Mit der Entdeckung wurden das erste Mal überhaupt Eiszeitgene in einer lebenden Tierpopulation nachgewiesen. Auch wir Menschen tragen übrigens noch Neandertaler-DNA in uns: Der Anteil bei Menschen außerhalb Afrikas beträgt rund 1,8 bis 2,6 Prozent.
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Geologisch-Paläontologisches Museum