Der Gefleckte Rundstechrochen: Unser Schatz des Monats
25. Februar 2021
Verhältnismäßig klein, aber für die Forschung von großer Bedeutung: Unser Schatz des Monats gehört mit einer maximalen Körperlänge von 42 Zentimetern eher zu den kleineren Rochenarten, die in der Fischsammlung des CeNak aufbewahrt werden. Drei der Exemplare des Gefleckten Rundstechrochens in unserer Sammlung sind über 100 Jahre alt und dennoch für die Forschung von aktueller Relevanz: Da sie eindeutig bestimmt werden konnten und deren Fundort bekannt ist, können Forschende Rückschlüsse auf ihr damaliges Verbreitungsgebiet ziehen. Ihre Erkenntnisse und Beobachtungen wurden nun innerhalb einer Studie veröffentlicht.
Der Gefleckte Rundstechrochen (Urotrygon chilensis) wurde 1872 von Albert Günther anhand eines einzelnen, aus Chile stammenden Exemplars beschrieben. Dieses ursprünglich zur Sammlung des Godeffroy Museums in Hamburg gehörende Belegexemplar wird heute im Naturkundemuseum in London aufbewahrt. Zwar nahmen Forschende bislang bereits an, dass sich das Verbreitungsgebiet des Gefleckten Rundstechrochens auf dem ostpazifischen Kontinentalschelf von Mexiko bis nach Chile erstreckt. Jedoch gab es seit der Erstbeschreibung der Art vor 149 Jahren keinen einzigen Fund aus chilenischen Gewässern im südlichen Teil des Verbreitungsgebietes. Lediglich aus dem nördlichen Teil des Verbreitungsgebietes waren bislang zahlreiche Funde bekannt.
Bei einem Forschungsaufenthalt im Januar 2019 in der Abteilung Ichthyologie des CeNak identifizierte der mexikanische Rochenexperte Nicolás Roberto Ehemann drei bis dato noch nicht eindeutig bestimmte männliche Exemplare Amerikanischer Rundstechrochen (Familie Urotrygonidae) als Gefleckte Rundstechrochen. Diese drei Exemplare stammen aus der Hafenstadt Taltal im Norden Chiles. Sie wurden 1894, also etwa 22 Jahre nach der Erstbeschreibung, von Kapitän R. Paessler aus dem Hafen von Taltal mit nach Hamburg gebracht.
Dadurch konnte belegt werden, dass Urotrygon chilensis im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts offenbar regelmäßig in chilenischen Gewässern vorkam. Sein Verbreitungsgebiet hatte damals somit eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 7000 Kilometern und ist damit das größte bekannte Verbreitungsgebiet unseres Schatzes. Seit nunmehr über 125 Jahren wurde die Art allerdings nun nicht mehr in chilenischen Gewässern gefunden, was nach Einschätzung aus der Wissenschaft auch an Änderungen klimatischer Bedingungen liegen könnte. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden kürzlich in der Zeitschrift „Systematics and Biodiversity“ veröffentlicht.
Professor Dr. Ralf Thiel, Leiter der Abteilung Ichthyologie des CeNak und einer der Koautoren der Publikation, kommentiert das Ergebnis dieser kooperativen Forschungsarbeit wie folgt: „Dieses Beispiel belegt einerseits sehr gut die große Bedeutung Zoologischer Forschungssammlungen für die Rekonstruktion historischer Verbreitungsgebiete von Tierarten. Andererseits zeigt sich hier auch eindrucksvoll das große Potential internationaler Zusammenarbeit bei der Erschließung von Forschungssammlungen, was sich regelmäßig auch in gemeinsamen Veröffentlichungen niederschlägt.“
Kontakt
Prof. Dr. Ralf Thiel
Abteilungsleiter, Abt. Ichthyologie
Universität Hamburg
Centrum für Naturkunde
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E-Mail: Ralf.Thiel@uni-hamburg.de