„Finni“ in 3D – Rekonstruktion von Hamburgs größtem Wal
2. Juni 2016
Foto: UHH/CeNak, Thaut
„Finni“ in 3D – Rekonstruktion
Noch liegt das etwa 20 Meter lange Skelett von Hamburgs größtem Wal in Einzelteilen im Zoologischen Museum. Doch bald schon werden Präparatoren mit der anatomischen Rekonstruktion beginnen und Hamburgs Finnwal „Finni“ in Originalgröße zusammensetzen...
Noch liegt das etwa 20 Meter lange Skelett von Hamburgs größtem Wal in Einzelteilen im Zoologischen Museum. Doch bald schon werden Präparatoren mit der anatomischen Rekonstruktion beginnen und Hamburgs Finnwal „Finni“ in Originalgröße zusammensetzen. Um das zu schaffen, sind in wochenlanger Detailarbeit alle 163 Knochen und der 4,50 Meter lange Schädel von einer Spezialfirma gescannt worden. Nun wird ein 3D-Modell im Maßstab 1: 10 ausgedruckt. Es soll zu Forschungszwecken genutzt und Teil einer neuen Medienstation im Zoologischen Museum werden.
Mithilfe der digitalen Daten und des 3D-Modells kann die Körperhaltung des Finnwals, die Krümmung der Wirbelsäule und der Bogen der Rippen rekonstruiert werden. „Wir können verschiedene Haltungen durchspielen und mittels 3D-Rendering ausprobieren, wie der Wal am besten in den Ausstellungsraum passt“, erklärt Prof. Dr. Thomas Kaiser, Abteilungsleiter Säugetiere und fossile Menschen im Centrum für Naturkunde. Nachdem Finnis Schädel bereits seit den 80er Jahren im Foyer des Zoologischen Museums ausgestellt ist, kann bald das riesige Tier in natürlicher Körperhaltung präsentiert werden.
Die Scans bieten außerdem die Grundlage für Live History Studien: Die Lebensgeschichte des Finnwals kann anhand von Indizien am Skelett teilweise rekonstruiert werden. Derzeit werden im Rahmen des VW-Projektes „Marine Mammals in a Changing Environment“ am CeNak die veränderten Lebensbedingungen mariner Säugetiere in einem internationalen Forscherteam untersucht. Der Hamburger Finnwal hat offensichtlich die Kollision mit einem Schiff überlebt, bei der er sich zahlreiche komplizierte Knochenbrüche an Wirbeln, Rippen und Schulterblatt zuzog. Der anschließende Heilungsprozess und die veränderten Bewegungsabläufe haben ihre Spuren am Skelett hinterlassen. Schiffskollisionen gehören heute zu den folgenschwersten menschgemachten Gefahren, denen Großwale ausgesetzt sind, und noch nie wurde dokumentiert, dass Wale derartige Verletzungen für längere Zeit überlebt haben. Finni ist also nicht nur ein Überlebenskünstler, er zeigt auch auf, was Tiere in Extremsituationen leisten können.
Mit Finni kann auch das letzte Kapitel des Deutschen Walfangs erzählt werden: Hamburger Walfänger vom Mutterschiff „Olympic Challenger“ haben das Tier auf der letzten Walfangexpedition in Antarktischen Gewässern Anfang der 50er Jahre gewildert – als einen von mindestens 2000 Blau- und Finnwalen. Mitreisende Hamburger Biologen haben sein Skelett und andere wissenschaftlich wertvolle Präparate zusammen mit einem Schwertwal, Walföten vielen anderen marinen Tierarten in die Hamburger zoologische Sammlung eingebracht.
Onassis' Olympic Challenger wurde auf Betreiben Norwegens 1956 „an die Kette“ gelegt. Damit fanden die von der Ersten Deutschen Walfang-Gesellschaft unterstützen Expeditionen endlich ein Ende, denn die Wale waren ohne Rücksicht auf internationale Abkommen, Fanggebiete, Fangquoten und Mindestgröße der Tiere gewildert worden.