Wiederentdeckung nach zwei JahrhundertenHistorische Sammlungsobjekte führen zu taxonomischen Änderungen in häufigen australischen Käferarten
19. März 2021
Nach knapp 200 Jahren wieder aktuell: Exemplare aus der schwedischen Sammlung von Carl Peter Thunberg, die Anfang des 19. Jahrhunderts zusammenkamen, entpuppen sich als australischer Christmas-Beetle – frei übersetzt Weihnachtskäfer. Zuvor waren sie ohne genauen Fundort beschrieben und veröffentlicht worden. Dr. Matthias Seidel, Kurator in der CeNak-Entomologie, hat die Art im Naturhistorischen Museum von Uppsala wiederentdeckt und später taxonomisch bestimmt. In seiner Studie beschreibt er seinen Fund genauer und erläutert dessen Auswirkungen auf die aktuelle Fachwelt.
Bei einem privaten Besuchen im Naturhistorischen Museum von Stockholm und Uppsala warf Matthias Seidel einen Blick in die dortigen Käfer (Coleoptera)-Sammlungen. Dabei interessierte er sich insbesondere für die Archive von Leonard Gyllenhal und Carl Peter Thunberg, die am Anfang des 19. Jahrhunderts Artenbeschreibungen in wissenschaftlichen Arbeiten verfassten. Für Seidel überraschend: Er fand Typus-Exemplare von heute bekannten, australischen Christmas-Beetles, die von Thunberg 1822 zunächst ohne genauen Fundort beschrieben wurden. Zwischenzeitlich – vor allem Mitte des 20. Jahrhunderts – wurden taxonomische Revisionen ohne deren Kenntnis vorgenommen, welche nun rückwirkend Auswirkungen auf die Benennung dieser Arten haben.
Wie Seidel in seiner Studie vorschlägt, sollte beispielsweise dieThunbergsche Art Rutela chloropyga stattdessen nun den Gyllenhallschen Namen Anoplognathus brunnipennis tragen – ein Käfer, der im australischen New South Wales bei Sydney verhältnismäßig oft vorkommt. Dass eine Vielzahl von Käfern und dazu noch häufig vorkommende Arten in der Thunberg-Sammlung zu finden waren, hat den CeNak-Wissenschaftler besonders erstaunt: „Der Fund bietet auch für weitere Studien eine Grundlage, da die Exemplare allesamt ohne Fundstellen archiviert sind.“ So sei es möglich noch weitere Käferarten zu identifizieren, die in Afrika oder Asien vorkommen und wahrscheinlich ebenfalls von der Fachwelt übersehen wurden.
Ohne gut erhaltene Forschungsobjekte wäre diese Ungenauigkeiten in der Taxonomie nicht aufgefallen, sagt Seidel: „Möglich war diese Untersuchung nur, weil die teils über 200 Jahre alten Exemplare auch heute noch in einem guten Zustand sind. Das zeigt wie wichtig die Arbeit und Archivierung in den Sammlungen der Museen ist.“ Auch im CeNak werden besondere Objekte wie Typusexemplare – zum Beispiel in feuerfesten Schränken – so verstaut, dass sie der Nachwelt lange erhalten bleiben.
Kontakt
Dr. Matthias Seidel
Kurator für Coleoptera und Neuroptera
Universität Hamburg
Martin-Luther-King-Platz 3, R. 131
20146 Hamburg
Tel.: +49 40 42838-5438
E-Mail: matthias.seidel"AT"uni-hamburg.de