CeNak-Forschende bestimmen neue Froschgattung „Wijayarana“Artenvielfalt der Amphibien auf Sumatra und Java wohl vielfältiger als bisher angenommen
13. Januar 2021
Ihre Kaulquappen verfügen über einen „Bauchsaugnapf“ – genannt Gastomyzophorie – der bei Amphibien selten vorkommt. Bislang gingen Forschende davon aus, dass es sich bei diesen indonesischen Kaskadenfröschen, die auf Java und Sumatra vorkommen, um die Gattung Huia handelt. Ein internationales Team um Dr. Umilaela Arifin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Herpetologie am Centrum für Naturkunde (CeNak), und Prof. Alexander Haas, Abteilungsleiter der Herpetologie, konnte jedoch anhand umfassender taxonomischer Untersuchungen sowie DNA-Analysen feststellen, dass die vielfältigen Abstimmungslinien der Tiere eher auf eine gänzlich neue Gattung hindeuten. Ihre Forschungsergebnisse wurden jüngst im Zoological Journal of Linnean Society veröffentlicht.
Sumatra und Java – zwei der größten Inseln Indonesiens – beherbergen eine erstaunliche Vielfalt an Froscharten. Einige von ihnen gibt es nur dort und sonst nirgendwo auf der Welt. Forschende des CeNaks fanden nun heraus, dass es nicht wie ursprünglich angenommen, lediglich die Gattung Huia von Indonesischen Kaskadenfröschen gibt, die Kaulquappen mit einem Bauchsaugnapf erzeugen. Der Fachbegriff hierfür ist Gastomyzophorie und er kommt nur bei Kaulquappen einer Handvoll Arten von Fröschen und Kröten vor. Eine seltene wie einzigartige öko-morphologische Anpassung bei Amphibien: Dieser „Bauchsaugnapf“ ermöglicht es den Kaulquappen, sich fest an Felsen und Steine im Wasserstrom anzuheften und verschafft ihnen so einen Vorteil, während ihre ökologischen Konkurrenten ohne Saugnapf hilflos weggeschwemmt werden.
Die evolutionären Beziehungen der Gattung Huia waren jedoch bislang unklar und Forschende vermuteten, dass in den Gewässern von Sumatra unentdeckte Arten schlummern, so auch Dr. Umilaela Arifin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Herpetologie sowie ihr Abteilungsleiter Prof. Alexander Haas. Ihre kürzlich im Zoological Journal of Linnean Society veröffentlichten Untersuchungen zu diesen Amphibien, die sie mit einem Team aus internationalen Forschenden erarbeitet haben, decken einen faszinierenden Aspekt bezüglich deren Entwicklung und Vielfalt auf: „Der Evolutionsbaum der Sumatra-Kaskadenfrösche ist seit langem in Unordnung, hauptsächlich aufgrund des Mangels an umfassenden Daten. Diese chronische Unsicherheit in den phylogenetischen Beziehungen führte dazu, dass Taxonomen nicht in der Lage waren, die Arten von Kaskadenfröschen zweifelsfrei zu definieren“, erläutert Arifin.
Zusammen mit einem Team aus internationalen Forschenden lösten sie nun dieses taxonomische Rätsel. Hierfür verwendeten sie DNA-Daten in Verbindung mit detaillierten morphologischen Informationen, wobei sie sich insbesondere auf die einzigartigen Kaulquappen konzentrierten. So sammelten sie die bislang größte Datensammlung dieser Frösche. „Dank umfangreicher Proben ergab unsere Studie mehrere sehr unterschiedliche Abstammungslinien von Kaskadenfröschen aus Sumatra, die höchstwahrscheinlich neue Arten darstellen“, berichtet Alexander Haas. „Wir fanden anhand unserer phylogenetischen Untersuchungen heraus, dass die Frösche, die auf den Inseln Java und Sumatra leben und derzeit unter Huia geführt werden, sich genetisch sowie morphologisch von anderen Arten in der Gattung unterscheiden.“
Tatsächlich war der evolutionäre Unterschied so ausgeprägt, dass die Biologinnen und Biologen gemeinsam vorschlugen, die Javanische und Sumatraische Population neu zu definieren. Durch diese Neugruppierung wurde nicht nur die Vielfalt der Frösche in der Region erheblich erweitert, sondern auch die Gattung Huia monophyletisch gemacht. Das bedeutet, dass die historisch begründete, taxonomische Sackgasse behoben wurde, die dieses Taxon zuvor blockiert hatte. Diese neue Gattung heißt nun Wijayarana. Der Name bezieht sich auf das alte Königreich Sri Wijaya – eine Anspielung auf die reiche Kulturgeschichte Indonesiens. Die Regenwälder von Sumatra sind jedoch heute aufgrund des unerbittlichen anthropogenen Drucks in großer Gefahr: „Wenn keine ernsthaften Maßnahmen ergriffen werden, könnte die neu entdeckte Gattung Wijayarana bald dasselbe Schicksal erleiden wie das verschwundene Königreich, das ihren Namen inspiriert hat“, warnt Umilaela Arifin.
Kontakt
Dr. Umilaela Arifin
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Abt. Herpetologie
Tel.: +49 40 42838-4654
E-Mail: umilaela@uni-hamburg.de