Erforschung der giftigsten Spinne der Welt
7. Mai 2020
Nach dem Guiness-Buch der Rekorde ist sie die gefährlichste Spinne der Welt – innerhalb nur einer Stunde kann sie Menschen mit ihrem Gift töten. Ihre spitzen Kieferklauen sind größer als die einiger Schlangen. Die Trichternetzspinne (Atrax robustus) lebt mitten in der australischen Metropole Sydney. Dadurch kommt es unweigerlich zu bedrohlichen Begegnungen zwischen Mensch und Tier. Dennoch ist über die Verbreitung dieser Art und ihren Bewegungsradius nur wenig bekannt. Danilo Harms, Spinnenexperte am CeNak, hat ein Projekt zur Erforschung dieser Trichterspinne begonnen und ist jüngst von seiner Australien-Exkursion heimgekehrt – die etwas anders als geplant verlief.
„Ich bin froh, heil aus Australien zurück zu sein!“ Danilo Harms hatte nicht nur mit den aggressiven Männchen der Trichterspinnen zu kämpfen, die wieder und wieder die Tracker verloren, mit denen er und Kolleginnen und Kollegen der Macquarie University in Sydney die Bewegung der Tiere erkunden wollten. Die Nächte waren kalt und regnerisch, so dass die Spinnen kaum aus der Deckung kamen. Schließlich breitete sich die Corona-Pandemie weltweit aus. Gemeinsam mit seinem Team aus Studierenden musste er deshalb frühzeitig, etwas überstürzt und über Umwege nach Hamburg zurückkehren.
„Wir haben trotz aller Unwägbarkeiten unsere Feldforschung abschließen können“, versichert Harms. Ein Schwerpunkt lag bei dieser ersten Forschungsreise in der morphologischen Arbeit mit den entsprechenden Individuen aus den Sammlungen des Australian Museum in Sydney. „Nachts waren wir den Spinnen auf der Spur, tagsüber haben wir im Museum gearbeitet“, beschreibt Harms seinen Forscheralltag. Sowohl das Australian Museum als auch die Macquarie-Universität sind Partner dieses Projektes, das über ein Förderprogramm der National Geographic Society finanziert wird.
Bei der Forschung zum Verhalten sowie der genetischen Struktur der Trichterspinne konzentrieren sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Männchen, die deutlich größer als die Weibchen sowie vor allem angriffslustiger und giftig sind. Die Weibchen können zwar auch kräftig zubeißen, produzieren jedoch nicht das starke Nervengift, welches für Menschen so gefährlich ist. Wenn die Männchen während der Paarungszeit ihre Höhlen verlassen und sich auf den Weg durch die Stadtlandschaft Sydneys machen, beispielsweise in Schwimmbädern auftauchen oder sich in Schuhen verstecken, kommen sie den Menschen bedrohlich nahe. Jährlich werden bis zu 40 Personen gebissen und müssen ins Krankenhaus, damit ihnen dort ein Gegengift gespritzt werden kann.
„Das Gift von Atrax robustus ist gut untersucht, aber über die Biologie, Genetik und Verbreitung dieser Art ist fast nichts bekannt“, weiß Danilo Harms. „Die Taxonomie ist ebenfalls wackelig. Das bedeutet, dass die tödlichste Spinne tatsächlich ein Artenkomplex aus mehreren äußerlich ähnlichen Arten sein könnte – jede mit eigenem Gift und individueller Bevorzugung von Lebensräumen.“
Nach bisherigem Kenntnisstand lebt die Trichterspinne im Radius der Metropolregion Sydneys, wobei es keine Aufzeichnungen über genauere Vorkommen von Populationen gibt. Harms: „Mit der Beobachtung der Männchen über Tracking-Methoden möchten wir herausfinden, wie und wann diese Tiere mit Menschen in Kontakt kommen. Wir möchten mehr darüber erfahren, wie sie sich bewegen, wie weit sich einzelne Tiere verbreiten können und wo die Haupt-Populationen beheimatet sind. Mithilfe genetischer Analysen untersuchen wir, wie viele unterschiedliche Arten es gibt. Außerdem hoffen wir einen Beitrag zur Erhaltung dieser außergewöhnlichen Art zu leisten, deren Lebensraum durch die Zersiedelung Sydneys zerstört wird.“
Bis Ende des Jahres arbeiten Danilo Harms und seine Studierenden Ricardo Lou und Svea-Celina Frank die in Australien gesammelten Daten auf. Dann soll es wieder auf Exkursion gehen.
Kontakt
Dr. Danilo Harms
Abteilungsleiter, Abt. Arachnologie
Centrum für Naturkunde
Universität Hamburg
Tel.: +49 40 42 838-5983
E-Mail: Danilo.Harms@uni-hamburg.de(Danilo.harms"AT"uni-hamburg.de)