Weltatlas der Quallen präsentiert 260 Arten
12. November 2019
Foto: T. Murai
Wie von einer anderen Welt: Qualle der Art Discomedusae Ulmaridae Aurelia labiata – im Buch auf Seite 386b zu bestaunen.
Alle 260 bekannten Quallenarten sind im »World Atlas of Jellyfish« veröffentlicht. Das reich bebilderte Kompendium ist eine umfassende Bestandsaufnahme des gesammelten Wissens zu den Medusen der Welt. Am 28. November um 19.00 Uhr stellt der Naturwissenschaftliche Verein Hamburg das neue Werk im Zoologischen Museum des Centrums für Naturkunde vor.
Andreas Schmidt-Rhaesa, Abteilungsleiter Wirbellose Tiere im CeNak, hat an dem Atlas mitgewirkt. Ein Gespräch mit dem Kurator einer der knapp 5.000 Präparate umfassenden Quallensammlung.
Pest oder Segen: Was halten Sie von Quallen?
Die meisten Quallen sind bei näherem Hinsehen wunderschön. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems Meer. Dass es manchmal zu Massenvermehrungen kommt, daran sind wir teilweise auch mitschuldig, weil wir so massiv in das Ökosystem eingreifen. Eine Pest sind sie damit, jedenfalls für mich, noch lange nicht.
Warum spielen Quallen in der Wissenschaft eine immer größere Rolle?
Es ist wichtig, die Rolle von Quallen im Ökosystem zu begreifen und zu erkennen, was sie uns, etwas salopp gesagt, über die Probleme im Meer sagen können. Wir haben Quallen, oder besser Nesseltiere im Allgemeinen, lange für sehr einfache Organismen gehalten und erkennen zunehmend, dass sie enorm vielfältig und in vieler Hinsicht komplexer und fortschrittlicher sind, als wir uns das vorstellen konnten.
Wie groß ist die Gefahr durch die Ansiedlung von Arten aus Asien, deren Gift besonders aggressiv ist?
Von den einheimischen Arten ist nur die Feuerqualle im Kontakt unangenehm, aber nicht wirklich gefährlich. Wenn sich durch Verschleppung neue Arten ausbreiten können, die aufgrund von Klimaerwärmung für sie gute Bedingungen vorfinden, kann man natürlich nicht ausschließen, dass auch unangenehmere Arten sich bei uns ansiedeln. Kurzfristig halte ich das Problem für gering, aber langfristig ist es nicht auszuschließen.
Wie kommt es zu Quallenplagen?
Es ist noch immer nicht vollständig verstanden, warum es manchmal zu starken Vermehrungen von Quallen kommt. Es deutet aber vieles darauf hin, dass Massenvermehrungen ein Symptom gestörter Ökosysteme sind. Das betrifft beispielsweise das Verschwinden von Fraßfeinden durch Überfischung. Aktuell findet in Südafrika eine Konferenz statt, die alleine dem Thema Quallenblüte (jellyfish blooms, so werden die Massenvermehrungen genannt) gewidmet ist.
Wie kann man Quallen, die zu 99 Prozent aus Wasser bestehen, für die Sammlung präparieren?
Quallen stellen tatsächlich eine Herausforderung dar. Wir erhalten die meisten Tiere in 70-prozentigem Alkohol, der sich aber für Nesseltiere weniger eignet. Hier wirkt eine Formalin-Lösung als besseres Erhaltungs-Medium, dabei würden wir auf Formalin am liebsten verzichten, weil es gesundheitsschädlich ist. Leider kollabieren viele Medusen, wenn wir sie aufheben, so dass sie in der Sammlung nicht mehr so schön aussehen.
Neuerscheinung im November
Der Quallenatlas »World Atlas of Jellyfish« erscheint im November im Dölling und Galitz Verlag. Herausgeber sind Gerhard Jarms und André C. Morandini in Zusammenarbeit mit Andreas Schmidt-Rhaesa, Olav Giere und Ilka Straehler-Pohl.
Weitere Informationen
Einladung zur Buchpräsentation des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg
Pressemitteilung des Verlags Dölling und Galitz "World Atlas of Jellyfish"