Selten, gefährdet, ausgestorben – Hamburgs erste Rote Liste der Spinnen
30. Oktober 2019
Foto: UHH/CeNak, Stau
Spinnen sammeln für die Rote Liste: Im urbanen Lebensraum Hamburg gibt es viel zu entdecken.
Spinnen spielen eine entscheidende Rolle im Kreislauf der Natur. Von ihnen können wir einiges über ökologische Zusammenhänge und unsere Umwelt lernen. Für Hamburg als urbaner Lebensraum vieler Spinnenarten erstellen Studierende aus der Arachnologie des CeNaks nun, zusammen mit einigen Kooperationspartnern wie der Behörde für Umwelt und Energie, die erste Rote Liste der Spinnen. Sie erfassen, welche Spinnenarten wo und wie häufig vorkommen und leisten damit einen wichtigen Beitrag für den Naturschutz. Bezugsquelle ihrer Arbeit ist die bedeutende Spinnensammlung im CeNak.
Die Sammlung des CeNaks ist eine der größten arachnologischen Sammlungen Europas und umfasst circa eine Million Individuen. So gibt es in der arachnologischen Sammlung bereits eine Vielzahl an wertvollen Präparaten, die z.T. in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert gesammelt wurden und den Studierenden als Grundstock ihrer Arbeit dienen.
Rote Listen teilen verschiedenen Tierarten und Biotopen einen bestimmten Gefährdungs- und potentiellen Schutzstatus zu. So können Arten und deren Lebensräume tabellarisch für einen bestimmten Bezugsraum als ausgestorben, verschollen oder gefährdet eingestuft werden. Es wird jedoch nicht nur der Gefährdungsstand der Arten in Deutschland dokumentiert, sondern auch in den verschiedenen Bundesländern. Für Schleswig Holstein existiert beispielsweise schon eine Rote Liste der Spinnen. Spinnenspezialist Martin Lemke war bereits an deren Erstellung beteiligt und begleitet nun die Bestandsaufnahme der Studierenden des CeNaks.
Spinnen können uns Aufschluss über ökologische Zusammenhänge, Habitate und deren Veränderungen geben. Die Wasserspinne (Argyroneta aquatica) beispielsweise ist ein Indikator für gute Wasserqualität, da sie nur in sauberen Gewässern vorkommt.
Spinnen regulieren außerdem Insektenpopulationen. Die Brückenkreuzspinne beispielsweise wurde in der Hamburger Hafen City als eine regelrechte Plage angesehen, ihr Nutzen wurde jedoch völlig außer Acht gelassen.
Zum einen sind Rote Listen also wichtig, um genau wissen und belegen zu können, welche Arten es zu schützen gilt. „So können wir Veränderungen feststellen und Faktoren minimieren, die die Spinnen beeinträchtigen. Welchen Einfluss hat beispielsweise die veränderte Landnutzung auf die Verbreitung mancher Spinnenarten?“ so Danilo Harms, Abteilungsleiter der Arachnologie. „Bestandstrends sind ohne Rote Listen nicht zu belegen, sie spielen also besonders in Hinblick auf Zukunftsfragen eine entscheidende Rolle.“
Zum anderen sind Rote Listen aber auch dazu da, das Vorkommen der heimischen Spinnenarten zu verstehen. Besonders für den Norden Deutschlands gibt es bisher nur sehr wenige Daten über die vorkommenden Spinnenarten.
„Es ist sinnvoll zu wissen, welche Arten nicht gefährdet und welche Arten bedroht sind, um gegen bestimmte Vorhaben und für den Naturschutz argumentieren zu können“, so Biologie-Studentin Sieke Terkhorn. Zum Erstellen der Roten Liste wird zunächst eine Inventur der Sammlung gemacht, die dann mit den aktuellen Daten abgeglichen wird. Um zu erfassen welche Arten, möglicherweise auch gebietsfremde, heute wie und wo vorkommen, haben die Studierenden des CeNaks angefangen ein Arteninventar zu erstellen und Spinnen querbeet in der Stadt zu erfassen. Die ersten Ansätze sind schon gemacht, es wird jedoch voraussichtlich noch mehrere Jahre dauern, bis schließlich alle in Hamburg vorkommenden Arten dokumentiert sind.
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