Was bleibt? Begutachtung naturkundlicher Schulsammlungen
22. September 2020
Foto: UHH/CeNak, Gerisch
Daniel Bein (links) berät Biologielehrer Gunnar Loof (rechts), welche Stücke der historischen Sammlung einen Platz in der Schule behalten und restauriert werden sollten.
Einst waren Präparate von Schnabeltier und Fledermaus beliebtes Anschauungsmaterial im Biologieunterricht. Jetzt fehlen Platz und Geld, um die Objekte aus der historischen Schulsammlung entsprechend präpariert in Vitrinen auszustellen oder in einem Depot aufzubewahren. Hinzu kommen veränderte ethische Auffassungen oder konservatorische Aspekte, die einen Verbleib in der Schulsammlung in Frage stellen. Daniel Bein, Leiter der Wissenschaftlichen Bildung im Centrum für Naturkunde (CeNak), begutachtet naturkundliche Schulsammlungen und berät, in Abstimmung mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung, Lehrende im Umgang mit Präparaten. Das Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer ist auf seiner Liste etwa die hundertste Schule in Hamburg und Umgebung.
In der etwa 100 Jahre alten Schulsammlung sind vor allem die Vogelpräparate so stark mit Arsen behandelt, dass sie nicht länger im Unterricht gezeigt werden dürfen. „Die Natur hat Federn nicht für die Ewigkeit gemacht“, sagt Daniel Bein. „Die Vogelpräparate wurden deshalb früher mit starken Insektiziden behandelt, um sie vor Insektenbefall zu bewahren.“ Andere Objekte sind verstaubt, ein Katzenfell zeigt Löcher, ein Fledermausflügel Risse. Die Vitrinen schließen nicht luftdicht. Bein: „So können die Präparate nicht länger aufbewahrt werden.“
Was tun? Daniel Bein bespricht mit Lehrenden die Wünsche und Ziele für die Sammlung, nennt Fachfirmen sowie Kosten für Restaurierung oder Entsorgung. Er versucht herauszufinden, welche Objekte für die Schule relevant sind und identifiziert weitere, deren Erhalt aus kultureller oder naturkundlicher Sicht sinnvoll erscheint. „In Hamburger Schulsammlungen werden Schätze der Naturkunde bewahrt. Hier findet sich oft wertvolles Material, das Seefahrer und Kaufleute schon vor langer Zeit mit nach Hamburg brachten und unter anderem an Schulen weitergaben.“
Daniel Bein begleitet Verantwortliche für Schulsammlungen manchmal über Jahre. Die Anforderungen ändern sich wie die räumliche Situation. Er sieht sich als Berater zum einen für die Einordnung des Wertes solcher Sammlungen, zum anderen im Umgang mit Vorschriften und Anforderungen.
Im Kern es geht darum, Anschauungsmaterial für die Schule zu erhalten und gleichzeitig solche Objekte auszusortieren, die woanders besser untergebracht wären: zum Beispiel Material geschützter Arten, die heute nicht mehr gefangen werden dürfen. Für solche Präparate empfiehlt der Fachmann die Weitergabe an Museen und Forschungseinrichtungen: Hier können sie der Öffentlichkeit im größeren Kontext gezeigt werden oder der Forschung dienen.
Für manches kann Daniel Bein nur noch die fachgerechte Entsorgung empfehlen: „Einige historische Objekte sind so schlecht präpariert, dass man sie nicht zeigen sollte, weil sie eine falsche Vorstellung vom Aussehen und den Bewegungen eines Tieres liefern. Andere sind aktuell günstiger zu erhalten und eine Restaurierung wäre nicht sinnvoll. Kosten, Zweck und ideeller Wert müssen abgewogen werden.“
Daniel Bein besucht das Kaifu-Gymnasium demnächst ein weiteres Mal. Er möchte die Sammlungsstücke eingehender betrachten. „Für die Identität der Schule spielt die naturkundliche Sammlung eine große Rolle. Wir müssen nun genau schauen, welche Stücke dieses Erbe am besten repräsentieren und gleichzeitig ein Gewinn für den Unterricht sind.“
Kontakt
Daniel Bein
Leitung Wissenschaftliche Bildung
Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg
E-Mail: Daniel.Bein"AT"uni-hamburg.de