Aus dem Bierkeller zum Uni-Jubiläum
12. Oktober 2018
Foto: Sebastian Engels
Der Bierschnegel passt gut zum weltoffenen St. Pauli, finden Corny Littmann und Biologe Marco T. Neiber.
Sie hält sich gerne in dunklen Bierkellern auf, liebt Hopfen und Malz und hat bläuliche Stielaugen: CeNak-Schneckenexperte Marco T. Neiber staunte nicht schlecht, als er vor drei Jahren im Hinterhof eines Hostels mitten auf dem Kiez einen Bierschnegel entdeckte. Die Nacktschneckenart galt als verschollen, jetzt ziert sie sogar Plakate zum Uni-Jubiläum.
Der Bierschnegel ist ein Nachtschwärmer und lässt sich vor 22 Uhr nur selten blicken. Dass das Tier also ausgerechnet auf der Reeperbahn wiederentdeckt wurde, ist vielleicht kein Zufall. Es scheint mit seinen Eigenheiten hervorragend in das tolerante und quirlige St. Pauli zu passen – und damit zur Universität, die fest in der Stadtgesellschaft verankert ist. Das findet auch Corny Littmann, das vielleicht bekannteste Gesicht St. Paulis: Schauspieler, Theatermacher, Fußballgröße und Aktivist für die Rechte Homosexueller. Ab 1970 studierte er sieben Semester Psychologie an der Universität Hamburg. Die wird im kommenden Jahr volle 100 Jahre alt. Zum Jubiläum gibt es eine stadtweite Plakatkampagne. Darauf ist auch Corny Littmann gemeinsam mit CeNak-Schneckenforscher Marco T. Neiber zu sehen – und einem der seltenen Bierschnegel.
Über 80 Jahre lang verschollen
Der Bierschnegel (Limacus flavus) wird etwa zehn Zentimeter lang und ist durch sein Fleckenmuster, die gelbgrünliche Färbung und durch blaugraue Fühler von anderen großen heimischen Nacktschnecken gut zu unterscheiden. Der Name geht auf das früher häufige Vorkommen der Art in Brauereikellern zurück, wo sich die Schnecke von Vorräten und Abfällen der Bierproduktion ernährte und als Vorratsschädling galt. Früher kam der Bierschnegel im Stadtzentrum Hamburgs häufig vor. Belege über den hanseatischen Bierschnegel werden in der wissenschaftlichen Sammlung des CeNak aufbewahrt. Doch seit dem letzten Nachweis für Hamburg aus der Zeit um 1935, galt die Art über 80 Jahre lang als ausgestorben.
Neben Hamburg nur in Berlin wiederentdeckt
Zum 100-jährigen Geburtstag der Universität traut sich die Nacktschnecke vielleicht wieder öfter aus ihren Verstecken. Gebäudesanierungen und die Zerstörung geeigneter Lebensräume machten dem Tier in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts das Leben schwer. Analogien zum Kiez ebenfalls nicht ausgeschlossen. 2016 konnte der Bierschnegel auch nahe des Zoologischen Museums am Martin-Luther-King-Platz nachgewiesen werden. Neben Berlin, wo die Art 2015 gefunden wurde, sind die Nachweise aus Hamburg die einzigen Funde des Bierschnegels in einer deutschen Großstadt. Zwar könnte sich die Art laut Marco T. Neiber zukünftig wegen milderer Temperaturen als Gewinner des Klimawandels erweisen, momentan wird sie aber noch als vom Aussterben bedroht geführt.
Weitere Informationen
Plakatkampagne zum Universitätsjubiläum:
https://www.jubilaeum.uni-hamburg.de/programm/plakat-news/bierschnegel.html
Wiederentdeckung des Bierschnegels in Hamburg:
https://www.cenak.uni-hamburg.de/aktuelles/news/2017-04-04-news.html